Dass Wasserkelche im Aquarium blühen, ist selten. Oft entwickeln sich die Blütenstände nicht vollständig, weil die Pflanzen zu tief im Wasser stehen. Bei großen Arten wie dem Riesen-Wasserkelch und dem Hammerschlag-Wasserkelch sind die Blütenstände jedoch groß genug, um auch bei einem Wasserstand von mehr als 30 cm die Wasseroberfläche zu erreichen.
Der Riesen-Wasserkelch (Cryoptcoryne usteriana) bildet eine besonders lange Spatha aus und kann darum auch unter Wasser blühen. Dabei wird die Funktion des aufwändig gebauten Blütenstandes offensichtlich. Er ist so konstruiert, dass eine Selbstbestäubung verhindert wird. Gleichzeitig sorgt der Aufbau dafür, dass eine erfolgreiche Fremdbestäubung garantiert wird.
Die weiblichen und die männlichen Blüten liegen bei den Cryptocorynen eingeschlossen im Kessel. Dieser befindet sich je nach Wasserkelch-Art und Wasserstand unter Wasser oder unter der Erde. Dadurch sind die Blüten für die kleinen Fliegen, die Wasserkelchen als Bestäuber dienen, eigentlich unerreichbar. Aber durch die lange Röhre ist der Kessel mit der Wasseroberfläche bzw. der Erdoberfläche verbunden. Sie bildet eine sichere Passage, durch die die Insekten zu den Blüten gelangen. Die farbige Spatha lockt die Bestäuber mit dem Duft von Verwesung und weist ihnen den Weg.
Die Fliegen landen auf der Fahne oder der Spathafläche und krabbeln die Röhre hinunter. Unten angekommen bestäuben sie mit mitgebrachtem Pollen die Narben am Grund des Kessels. Dieser ist zu diesem Zeitpunkt an seiner Innenseite mit nach unten gerichteten Härchen besetzt, sodass die Insekten nicht an seinen Wänden hinaufklettern können. Die männlichen Cryptocoryne-Blüten oben im Kessel sind noch unreif.
Etwa einen Tag nachdem sich der Blütenstand geöffnet hat, beginnen die Narben einzutrocknen und verlieren ihre Aufnahmefähigkeit. Im oberen Bereich des Kessels löst sich die Umhüllung um den männlichen Blütenteil und hebt sich als Verschlussklappe vor den Zugang zur Röhre. Nun öffnen sich die männlichen Blüten und geben den Pollen in klebrigen Tropfen ab. Währenddessen verändert sich die Oberfläche der Kesselinnenwand. Wo vorher mikroskopisch kleine Haare das Klettern für die Fliegen erschwert haben, bilden sich jetzt Kletterhilfen aus eingesunkenen Zellen. Auf der Suche nach dem Ausgang kommen die Bestäuber an die Pollentröpfchen. Nach einigen Stunden welkt die Verschlussklappe und gibt den Ausgang frei. Die Fliegen wandern mit Pollen beladen durch die Röhre zurück und können die nächste Pflanze bestäuben.
Mehr über Wasserkelche erfahrt ihr auf meiner Website www.heimbiotop.de/cryptocoryne.html. Dort stelle ich alle bekannten Arten vor und erläutere die Kulturbedingungen in der emersen Überwasserkultur und im Aquarium.
Mehr Informationen über aquarientaugliche Wasserkelche findet ihr in meinem Buch „Wasserkelche – Cryptocorynen im Aquarium“.